Lego in der Fondsadministration

18/07/2019

Es lassen sich stetig neue Lösungen und Produkte erstellen

Von der Frage, wie sich die bisherigen Geschäftsmodelle an den rapiden Wandel unserer Zeit anpassen lassen und was die Zukunft bringen wird, sind auch die Dienstleister der Fondsbranche betroffen, allen voran die Spezialisten für die Fondsverwaltung. Innovation und digitale Transformation sind bei Analysen und Reporting, der Auslagerung bestimmter Funktionen außerhalb des Portfoliomanagements oder dem Fondsvertrieb ebenso allgegenwärtig wie bei Vermögensverwaltern selbst.

Eine Studie jagt die andere, und die ersten Best-Practices, die in der Fondsbranche umgesetzt werden, zwingen dazu, möglichst schnell als "early adopter" aufzutreten. Zu den Trends, die bei institutionellen Investoren und im Assetmanagement zurzeit an Dynamik gewinnen:

  • zählen vor allem die Einbeziehung der ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance) in den Anlage
  • Controllingund Reportingprozess
  • das Outsourcing von Front- und Middle-Office-Dienstleistungen sowie eine verstärkte
  • Standardisierung und Harmonisierung entlang der Wertschöpfungskette

Speziell im Geschäftsfeld der Fondsadministration könnte der Gebühren wettbewerb in der wettbewerbsintensiven Landschaft letztendlich zu einer weiteren Spezialisierung kleiner Marktteilnehmer einerseits sowie anorganischem Wachstum großer Marktteilnehmer andererseits führen.

Zusätzlich – und nicht weniger wirkungsvoll – werden die Regulatorik, das Niedrigzinsumfeld und die neuen Technologien diese Branche in den kommenden Jahren weitreichend umgestalten. Das ist auch das Ergebnis unserer Umfrage "Long View"unter 100 Buy-Side-Experten aus acht europäischen Märkten aus dem vergangenen Jahr. Nach Meinung der befragten Assetmanager, institutionellen Investoren, Immobilien- und Private-Equity-Manager wird das Geschäft inden nächsten Jahren am stärksten durch die neuen Technologien verändert werden. Das bedeutet für alle Wertpapierdienstleister, das gesamte Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen und an das neue Umfeld anzupassen.

Disruption bietet Möglichkeiten

Diese Entwicklung wirkt disruptiv, bietet aber gleichzeitig Chancen. Die Wahl der passenden Strategie bei der Einbeziehung neuer Technologien ist dabei unerlässlich.

Auf dem Weg zum Ziel der digitalen Transformation erscheint ein pragmatisches Vorgehen mit einer schrittweisen Einführung von Innovationen sinnvoll.

So können Unternehmen neue Technologien beispielsweise nutzen, indem sie einen partnerschaftlichen Ansatz verfolgen und mit erfolgreichen FinTechs zusammenarbeiten. Auf diese Weise lassen sich neue Dienstleistungen entwickeln, die für die Kunden beider Partner einen Mehrwert schaffen, sich von der Konkurrenz abheben und gleichzeitig Risiken mindern.

Ein Ansatz, der dem Anspruch eines modernen, weit gefassten Serviceangebots gerecht wird, ist die Integration von Application Programming Interfaces, kurz APIs genannt. Es handelt sich um Programmierschnittstellen, die Softwarekomponenten, zum Beispiel Anwendungen oder Benutzeroberflächen, miteinander verbinden und damit den Austausch von Daten in oder nahezu in Echtzeit zwischen zwei IT-Systemen sowie von Drittanbietern ermöglichen. Der Finanzindustrie eröffnen sich dadurch viele neue Möglichkeiten: Schnellere Datenverfügbarkeit, bessere Erfüllung von Kundenbedürfnissen und höhere Effizienz sind nur einige Vorteile. APIs sind auch die Grundlage für das Open Banking, also für die Öffnung von Banken und Teilen ihrer Daten und Services für Drittanbieter.

Partnerschaften mit FinTechs

Aufgrund dieser vielfältigen Optionen konzentriert sich auch die Société Générale Securities Services (SGSS) im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie auf den Einsatz von APIs. Kooperationen spielen dabei, entsprechend der Erkenntnis der jüngsten Umfrage, eine zentrale Rolle. Während vor allem kleinere Assetmanager überwiegend über Partnerschaften mit ihren bestehenden Dienstleistern nachdenken, fassen größere Vermögensverwalter Kooperationen mit FinTechs ins Auge, da diese über erhebliche Expertise im Bereich der neuen Technologien verfügen.

Allerdings gehen diese Partnerschaften nicht nur in eine Richtung. Denn auch die FinTechs benötigen Partner, beispielsweise zur Abwicklung ihres Standardgeschäfts. Größere Banken, Verwahrstellen oder Kapitalverwaltungsgesellschaften verfügen hier nicht nur über erhebliche Kompetenz, sondern auch Größenvorteile. So nutzt zum Beispiel das Berliner FinTech-Unternehmen Acatus, welches über eine Multi-Asset- Plattform eine digitale Single-Asset-Verbriefung ermöglicht, etablierte Dienstleistungen von SGSS unter anderen in den Bereichen Issuing- und Paying-Agent sowie Depotbank- Dienstleistungen in Deutschland und Luxemburg.

Im nächsten Schritt, und dieser wird durch APIs erst ermöglicht, kann die Aufnahme eines FinTechs in das Serviceangebot eines Fondsadministrations-Anbieters Mehrwert bringen. Ein solches Angebot kann Kunden über eine webbasierte Plattform oder einen “Marketplace“ den Zugang zu einer Vielzahl an innovativen Anwendungen bieten – zur Verfügung gestellt von FinTechs und abrufbar über APIs.

Im Beispiel von Acatus ist das die voll digitale Umwandlung von Krediten, Forderungen und anderen illiquiden Vermögenswerten in fungible,verwahrungsfähige Wertpapiere. Der Endkunde – bei Acatus vor allem institutionelle Investoren, also Asset Owners und Assetmanager – ruft die Plattform über einen Browser auf und bekommt damit Zugang zum Acatus-Marktplatz, insbesondere zu der Übersicht der aktuell verfügbaren zu verbriefenden Forderungen. Hier kann der Investor interessante Anlagemöglichkeiten identifizieren und dann direkt eine Order platzieren, was den Verbriefungsprozess in Echtzeit anstößt. Im Orderbuch kann der Settlement-Prozess dann live verfolgt werden.

Ein weiteres Beispiel ist die automatisierte Kommentierung von Finanzanlageportfolios auf der Basis künstlicher Intelligenz. SGSS ist dazu eine Kooperation mit dem FinTech Addventa eingegangen. Die von der Fondsadministration erfassten Daten zu Performance und Risikoanalyse werden je nach Kundenvorgabe über einen bestimmten Zeitraum, in verschiedenen Sprachen und in einem klaren und konsistenten Stil erstellt.

APIs können auch für die jungen Finanztechnologie-Unternehmen von Nutzen sein. Grundsätzlich kann man sich die API-Welt wie aus Legosteinen vorstellen. Sie lassen sich immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen neu zusammensetzen, so dass laufend neue Lösungenund Produkte entstehen.

Flexibler, effizienter, günstiger

Bei Société Générale selbst wurden bislang 2500 APIs erstellt, davon 200 für das Wertpapierdienstleistungsgeschäft; jeden Tag kommen neue hinzu. Auf diese Weise entsteht eine Plattform, die Zugang zu den Services und Daten von SGSS ermöglicht, aber auch zu anderen Anbietern wie FinTechs. Der besondere Charme dieses Ansatzes: Jeder kann, analog zur Welt aus  Legosteinen, sich jene APIs auswählen, die für ihn und sein Geschäft wichtig sind. Der Datenaustausch –wie erwähnt in Echtzeit oder beinahe Echtzeit sowie auch mit Drittanbietern möglich – erfolgt in einem sicheren und kontrollierten Umfeld. Finanzdienstleister können so flexibler und effizienter werden.

Zudem werden sie besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen können. So ermöglichen es APIs, Geldbeträge in wenigen Sekunden zu überweisen und Dienstleistungen preiswerter anzubieten. APIs stellen damit die flexible und kostengünstige Grundlage für Kooperationen zwischen unterschiedlichen Anbietern aus dem Finanzbereich dar – die Basis für das Open Banking. Wertpapierdienstleister müssen allerdings individuell entscheiden, welche APIs tatsächlich benötigt werden, extern wie intern. Auch eine Anpassung der vorhandenen IT-Infrastruktur ist eine unerlässliche Investition. Sonst besteht die Gefahr, den Zug in die Zukunft zu verpassen und Geschäft an Mitbewerber oder die großen IT-Konzerne zu verlieren. Ob neue Technologien selbst entwickelt oder im Rahmen von Kooperationen mit bekannten oder neuen Partnern genutzt werden, stellt für jedes Unternehmen entscheidende Weichen.

“Innovative Wege zu gehen ist manchmal mit Risiken und Kontrollverlusten verbunden, aber für ein Bestehen in einer smarten, neuen Welt unumgänglich”.