Digital Business Technology Platform und KI, das neue investment management

28/01/2019

Die neue Generation der Dienstleistungen und Geschäftsmodelle ist digital und stützt sich hauptsächlich auf die sogenannte Digital Business Technology Platform (DBTP). Die Roadmaps der Unternehmen der Zukunft folgen einem genauen Trend: „Einführung von Architekturen, die Geschäftschancen ergreifen können, welche die neuste Generation an Technologien bietet, die in den letzten Jahren umfassenden Änderungen unterlagen: Web 2.0, KI, Cloud & Net Computing, Internet der Dinge (IoT).“

Die neuen Architekturen müssen Technologien verwenden, um die Integration zwischen Verfahren von Front-End (direkter Kontakt zum Kunden) und Back-End (Verfahren zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Service) weitaus ausgefeilter als zuvor zu fördern. Dies ist keine Bestätigung des ERP (Enterprise Resource Planning), sondern eher der Knotenpunkt und die Integration digitaler Geschäftskomponenten, die nun als wesentliche Bestandteile angesehen werden:

  1. Offene Informationssysteme
  2. Kunden- und Nutzererfahrung
  3. Internet der Dinge - IoT
  4. Business Intelligence, Daten und Analyse
  5. Ökosysteme und Partnerschaften.

Das Ziel lautet, ein „kognitives Unternehmen“ zu schaffen, das die Fluktuation externer und Marktbedingungen versteht und sich ihnen durchgehend anpasst, insofern seine Produktionsbereiche eindeutig externe Bezüge haben. Das Unternehmen wird in der Produktinnovation ‚flexibel‘ und kann für neue Industrien als Wegbereiter handeln. Somit werden die Experimentier- und Innovationsphasen schnell verlaufen, die Änderungen werden auf keine operativen oder IT-Hürden treffen und es ist notwendig, eine Governance zu installieren, die aus einem Informationsaustausch mit hohem digitalen Anteil einen Mehrwert ziehen kann, z.B. aus Daten.  Des Weiteren braucht es die Fähigkeit, diese Daten für operative und strategische Nutzungsmöglichkeiten zu interpretieren. Dies unterscheidet sich jetzt von der Vergangenheit: von Governance für mehr operative Effizienz zu einem Umsetzungsvermögen im Bereich Transformation.

Komponenten der Digital Business Technology Platform

Um die grundlegenden Einsichten eines solchen optimalen digitalen Integrationsrahmens zu verstehen, seine Umsetzung zu bewerten und die digitale Agenda der Finanzbranche festzulegen, sollte man das Design einer Digital Business Technology Platform und ihrer einzelnen Komponenten analysieren.

Die Wettbewerbsvorteile einer DBTP-Architektur helfen:

  • die Einschränkungen alter Technologien und Unternehmenssilos auch in Kernfunktionen des Geschäfts bewältigen, um diese in Business-as-a-Service umzuwandeln.
  • Business Intelligence durch die Verwendung von Daten und Analysen besser zu verstehen und sie in den Mittelpunkt der Unternehmensführung zu stellen.

Die besten Maßnahmen und transformativen Effekte auf die Industrie werden von der KI erwartet, womit die Industrie von „dieselben Sachen gut machen“ zu „etwas völlig Anderes machen“ übergehen wird.

Ein vor Kurzem erschienener Bericht des Weltwirtschaftsforums* gibt eine breite Analyse und einen guten Leitfaden zum Verständnis der Auswirkungen der KI auf die aktuelle Struktur von Finanzdienstleistungen und die wichtigsten Herausforderungen. Die Transformation geschieht auf mehreren verschiedenen Ebenen:

  1. schnellere und rationalisiertere Geschäfte,
  2. maßgeschneiderte Produkte und Beratung,
  3. Allgegenwärtigkeit,
  4. rasche Entscheidungsfindung,
  5. neues Wertversprechen.

Die Entwicklung der KI bei neuen Finanzdienstleistungen wird vom Management verlangen, dass sie:

  • die ersten und besten in der Umsetzung der KI sein können: Die Institutionen, die KI als erste verwenden, um sich von der Konkurrenz abzusetzen, werden durch einen positiven Feedbackkreislauf belohnt, der ihre Vorteile bestimmen wird. Die später hinzukommenden werden damit kämpfen müssen, den Rückstand aufzuholen;
  • mit zahlreichen Stakeholdern zusammenarbeiten können: Wenn man des vollständige Potenzial der KI erschließen möchte, muss man ein umfassendes Netzwerk haben. Und lediglich die gemeinsamen Bemühungen der Institutionen, von den Aufsichtsbehörden bis zum öffentlichen Sektor, können sicherstellen, dass die gesamte Gesellschaft von der Ausweitung der KI in der Finanzbranche profitiert.

 Zuletzt müssen auch die unerwünschten Auswirkungen dieser Transformation gehandhabt werden.

Die KI hatte zur Folge, dass die Menschen vor gestrichenen Arbeitsplätzen und Disruptionen Angst haben. Nun müssen Strategien entwickelt werden, um sowohl die neuen Talente als auch den Übergang großer Teile der Arbeiterschaft durch diese vierte Industrierevolution zu lotsen. Die rätselhafte Art der auf KI basierenden Technologien kann Außenstehenden „magisch“ erscheinen. Sie muss jedoch verstanden werden, um Modelle zu identifizieren und dann zu vermeiden, die Randgruppen und einzelne Personen zu diskriminieren oder auszuschließen. Da die KI bei den täglichen Geschäften des Finanzsystems eine immer wichtigere Rolle spielen wird, wird dies eine neue Quelle des systemischen Risikos schaffen, die auf ihr Potenzial, Volkswirtschaften und die Weltwirtschaft zu zerstören, bewertet werden muss. Hierdurch werden wiederum neue Kontrollen und Antworten notwendig.

Wie wird das Investment Management in diesem Szenario vorankommen?

Zunächst werden die Kundenerfahrung und Produktpaletten an die neue Konkurrenz und auf Sektortrends angepasst, wie:

  • Verlagerung von aktiven, mit hohen Gebühren verbundenen, zu passiven Anlagen mit niedrigen Gebühren, da die Verbraucher und Institutionen sich den Gebühren bewusstwerden, werden die Vermögensverwalter auf passive Anlagen mit niedrigen Gebühren übergehen;
  • regulatorische Prüfung, z. B. hat die Financial Conduct Authority die Compliance der Praktiken von Vermögensverwaltern im VK geprüft;
  • Sättigung der Anlagestrategien, traditionelle Anlagestrategien insbesondere waren aufgrund ihrer zu häufigen Nutzung weniger profitabel;
  • generationenübergreifende Übertragung von Vermögen, Milliarden Dollar an Vermögenswerten werden in den Industrieländern zwischen Kunden hin- und hergeschoben (30 Billionen in Nordamerika in den nächsten 30-40 Jahren).

Der Sektor muss auf zahlreiche Probleme Antworten finden: steigende Kundenerwartungen für digitale Kanäle (Wechsel des Kanals, Dialog mit Mitarbeitern lediglich, wenn der Onlinedienst nicht gut ist), alternde Berater, Risiko der Neueinsteiger mit viel Erfahrung bei der Kundenerfahrung (2/3 der Millennials würden Finanzdienstleistungen von seriösen Marken wie Google und Apple nutzen), niedrigere Beratungsgebühren, nicht verwaltete globale Einlagen, höhere Nachfrage nach alternativen Anlagen.

Wie wird die KI im Investment Management funktionieren?

Die KI wird es Investment Managern erlauben, ihre Geschäftsmodelle zu prüfen, indem sie Kernfähigkeiten ändern oder ersetzen und diese differenzieren. Hierdurch wird in verschiedenen Bereichen die Veränderung angetrieben.

Die Anlagen werden individueller gestaltet, da die Verwaltungsgesellschaften neue Daten über ihre Kunden erhalten. Passive Produkte werden aktive Eigenschaften entwickeln, da mit auf KI beruhenden Modellen komplexe Strategien imitiert oder eigene Strategien entwickelt werden können. Die Vermögensverwaltung in den Schwellenländern wird sich schneller entwickelten, unterstützt durch den Vertrieb, der bei der Schließung bestehender Lücken helfen wird. Nach Alpha suchende Anleger werden sich anderswo umsehen, da systematische Anleger mehr auf fortgeschritten Data-Science und alternative Datenquellen zurückgreifen werden.

Das Investment Management kann von der Entwicklung mehrerer wichtiger auf KI beruhender Strategien profitieren:

  • Entwicklung der Beratung (z. B. durch einen eigenen Chatbot für die Kunden, der bestehende Beratungsbeziehungen nahtlos integriert),
  • ein ultraeffizienter Investment Manager mit niedrigen Kosten werden (z. B. maschinelles Lernen verwenden, um makroökonomische Analysen schneller und kostengünstiger als traditionelle Methoden zu gestalten),
  • mehr individuelle Anlageportfolios anbieten (z. B. neue Datenquellen nutzen, um zu informieren und Anlegerprofile und -präferenzen auf strukturierte Weise zu bestimmen),
  • bei der Entwicklung in Schwellenländern zur Verwaltung von Vermögen mit niedrigem Einkommen Vorreiter und integrativ sein (z. B. digitale Kontoerstellung und -verwaltung auf Kunden mit niedrigem Nettoeinkommen ausweiten),
  • Daten nutzen, um Alpha zu generieren und eine unterscheidbare Leistung zu erreichen (Nutzung des Deep Learning und anderer hochmoderner Data-Science-Techniken, um bei der Erstellung von Anlagestrategien Innovationen zu schaffen)

„... Es gibt zwischen Produkten und Plattformen und Kerngeschäften und dem Publikum eine neue Aufteilung auf Menschen und Maschinen“, erklären McAfee und Brynjolfsosson in „Machine, Platform, Crowd. Harnessing Our Digital Future“, dem neuen Werk zweier MIT-Futuristen, das eine Analyse des aktuellen Klimas globaler digitaler Interoperabilität gibt.

* Weltwirtschaftsforum: “The new physics of financial services: understanding how AI is transforming the financial ecosystem” http://www3.weforum.org/docs/WEF_New_Physics_of_Financial_Services.pdf

Stefano Sardelli, Managing Director InvestBanca 
Stefano verfügt über einen Abschluss in Wirtschaft und Bankwesen von der Universität Siena und war daraufhin in der Finanzbranche bei verschiedenen Finanzintermediären tätig. Seit dem Jahr 2000 hat er die operative Verantwortung von Invest Banca Spa übernommen und wurde 2004 ihr Geschäftsführer. Er ist ein Mitglied des Vorstands von AssiomForex (nationale Vereinigung der Finanzmarktteilnehmer). Heute ist er Co-Head der Fintech Commission. Er ist ein Mitglied des Vorstands von Main Capital Sgr. Er führte die Innovationsthemen Fintech und digitale Disruption fort und leistete mit Invest Banca einen Beitrag zur Entwicklung zahlreicher innovativer Lösungen, woraufhin er mit dem nationalen Innovationspreis des Präsidenten der Italienischen Republik ausgezeichnet wurde.